2024-08-Azoren-Report

Natur pur und das Meer rundherum. Aber das war es dann auch!

Azoren & Portugal – nie wieder!

Wo kann man noch hin im August, wenn ALLE auf Reisen sind? Jemand, an den ich mich nicht mehr erinnere, brachte uns unglücklicherweise auf diese Idee: Azoren, Portugal. Natur pur und das Meer rundherum, mitten im Atlantik auf halbem Weg nach New York. Gemäßigtes Klima, acht Inseln, zwischen denen man sich leicht bewegen kann, grün, grün, und viel weniger Tourismus, weil weniger erschlossen.

Die per Internet ersichtliche Maximaltemperatur im August von 25 Grad war mehr als ausschlaggebend für unsere Urlaubspläne. Paloma hatte bereits im April alle Flüge, Unterkünfte auf vier verschiedenen Inseln samt Mietwagen gebucht, jawoll! Alles organisiert.

Sao Miguel - Ponta Delgada

Der Flieger von Madrid nach Ponta Delgada war schon mal voll bis auf den letzten Platz. Erste Bedenken, ob das da wohl wirklich noch so unerschlossen sein würde. Dann nach langem Schlangestehen bei der Autovermietung mit einem Hyundai-SUV auf die hervorragend asphaltierte, vierspurige Autobahn. Dieses Fahrzeug piept nicht nur dann, wenn die Gurte nicht angelegt sind, sondern auch bei jedem Spurwechsel über die Trennlinie – und zu jeder weiteren Gelegenheit. Und das Außenthermometer zeigte bereits 28 Grad, hm? ...

Ponta Delgada, die Hauptstadt der Azoren: Immerhin kaum hohe Häuser, dafür schmale Einbahngassen, durch die sich jedoch eine Vielzahl von Menschen drängte. Wenig Tourismus war also schon mal zu vergessen! Der „Mercado“ von Ponta Delgada wird als besuchenswert angepriesen, verdient aber nicht mal diese Bezeichnung.

Darüber hinaus erwies sich diese Insel leider auch als wenig erkundenswert, zumal durch die einschlägigen Internetmedien wie Trip Advisor, Booking etc. alle irgendwie spektakulären Örtlichkeiten für jedermann zu finden sind – und da ist dann auch Jedermann! Zumindest gibt es einen sehenswerten, riesigen Kratersee. Die Zufahrtsstraßen sind gesäumt von parkenden Mietwagen, die diesen Ort trotz oft schlecht funktionierendem GPS gefunden haben.

Zum ersten Abendessen fanden wir am Hafen einen Mercado de Peix, also ein Fisch- und Meeresfrüchterestaurant, wo sich alsbald die Mentalität der portugiesischen Einwohner- und Kellnerschaft offenbarte: Dem Portugiesen eine gewisse Melancholie nachzusagen, trifft es nicht wirklich. Der Portugiese ist grantig und eher schlecht gelaunt, fährt ziemlich rücksichtslos Auto und zeigt einem gern mal die abwinkende Hand, wenn man für ein noch so kurzes Begehr noch nicht an der Reihe ist. Essig, Oel, Pfeffer und Salz muss immer erst nachgefragt werden. Der Gast ist der Feind. Dabei ist das gutbürgerliche Essen in Portugal zumindest erträglich, wobei sich aber über die nächsten Wochen herausstellen musste, dass die Speisekarte überall dieselbe und die Qualität der Speisen eher im unteren Bereich zu finden ist. Dazu wartet man mindestens eine halbe Stunde auf das Essen, und sie räumen den Tisch einfach nicht ab, nachdem man gegessen hat. Ein guter Kellner bringt etwas und nimmt auch gleich etwas wieder mit, was nicht mehr vonnöten ist! Ja, es gibt ein freundliches und ein unfreundliches Chaos!

Unser Apartment hatte zum Glück Air Condition, aber die Sonne strahlte über den ganzen Tag auf den Balkon, auf dem man sich – die Außentemperatur am Nachmittag war alsbald auf knapp 30 Grad gestiegen – kaum aufhalten konnte. Und dazu diese enorme Luftfeuchtigkeit, praktisch dasselbe wie in Cádiz, von wo wir ja geflohen waren.

Diese ersten sechs Tage haben wir mit Ach und Krach rumgebracht, wobei wir zum Abendessen zweimal zu zwei verschiedenen Indern gegangen sind – was man in Madrid sonst höchstens einmal im Jahr tut. Und es gab ein American Steakhouse (Esquina), welches zumindest echt gutes Fleisch zu bieten hatte.

Auch der Fernseher konnte mangels NETFLIX und spanischer Programme unsere Laune nicht verbessern. Man wird genervt von all diesen abstrusen olympischen Disziplinen wie Speedklettern, Beach-Volleyball und diesem ganzen Quatsch.


Um den Hyundai wieder voll zu tanken, mussten wir vom Flughafen aus eine kleine, sieben Kilometer lange, Rundfahrt zur nächsten Tankstelle auf uns nehmen. Danke!


Terceira


Den Flieger nach Terceira hätte man, wie sich alsbald herausstellte, sofort nehmen und auch dort bleiben sollen. Landen in Sao Miguel und gleich ins nächste Flugzeug! Die eine Insel ist die eine Insel und die anderen Inseln sind die anderen Inseln!

Aber: Paloma hatte arglos unterlassen, sich die App der Fluggesellschaft aufs Handy zu laden. Zu wieviel verdammten Downloads will man uns noch verpflichten? Einchecken und Koffer abgeben tut man doch normalerweise am Schalter? Mangels dieser fehlenden App konnten wir jedoch den Flug am Vortag nicht per Internet einchecken. Resultat: Beim Antritt am Flughafen mussten wir erfahren, dass wir - weil „Overbooking“ - mangels vortägigem Eincheck auf der Warteliste gelandet waren. „Keine Sorge, der nächste Flieger nach Terceira geht abends um neun“. Panik, sieben Stunden hier auf dem Aeroporto! In letzter Minute wurden wir aber – warum auch immer - doch zum Einboarden aufgerufen.

Ankunft: Unterkunft ok, nur der uns von der Autovermietung überlassene Opel Astra ließ zu wünschen übrig.


Fischtechnisch gab es jedoch ein Highlight: das BeiraMar, ein weiß-blaues Restaurant im ersten Stock mit Blick auf den kleinen Hafen von Sao Mateus. Spieße mit Langostinos und Calamar, rote, sehr trefflich perfekt gegrillte Felsenfische und außergewöhnlich freundliches Personal. Die beste Insel, obwohl es da auch nicht viel zu sehen gab. Zum Schwimmen steigt man an einigen Küstenstellen in Felsbecken, wonach eine Vielzahl von Menschen ihre Handtücher auf dem harten Boden ausbreitet, um sich grillen zu lassen. Wir gleich wieder weg! Einige mieten sich da eine Bootstour zum Whale Watching, andere gehen tauchen.


Pico

Dann mit dem nächsten Flieger nach Pico.

Aber erstmal ein Schock: Das Gepäckband entbehrte unserer Koffer. Die seien noch auf Terceira und kämen dann am späten Nachmittag mit dem 18 Uhr-Flieger. Der zweite Schock: Pico war die einzige Insel, auf der es nicht möglich war, per Internet einen Mietwagen zu buchen. Und keine der Agenturen am Flughafen hatte auch nur ein einziges Auto zur Verfügung. Wir also mit dem Taxi zu unserer lieblichen Unterkunft inmitten von Weinreben, die zum Schutz vor Wind und Wetter als kleine Parzellen ummauert sind.

Noch lieblicher die Vermieterin, die uns per sofort einen Peugot Lieferwagen von einem guten Bekannten besorgte. Zehnmal besser als der Opel Astra, und In solch einem Gefährt wirkt man nicht wie ein blöder Tourist! Gegen Abend haben wir dann mit dem Peugot die Koffer abgeholt und auf der Rückfahrt in Horta, dem Hauptort, das mittelmäßige Abendessen eingenommen.

Der Pico-Vulkan ist mit über 2000 Metern der höchste Berg Portugals, meist von Wolken umsäumt. Ansonsten gibt es da nicht viel zu sehen, noch zu essen.

Im Trip Advisor fanden wir als bestes Restaurant ein Ancora Douro, ein Schickimicki-Laden. Mein Pulpo war erträglich, aber wie konnte man Palomas Felsenfisch derart zerstören, dass von dessem hervorragenden Fleisch nur eine pastöse, weiße Masse überbleibt? Und wieder diese säumigen Kellner! Das letzte Abendessen anderen Ortes: Hamburger mit Pommes Frites. Man mag Pommes auch als lästige Beigabe betrachten, aber diese hier waren immerhin perfekt knusprig mit Geschmack nach Kartoffeln. Wie auf den beiden ersten Inseln konnte man in den Supermärkten jede Art von Kartoffelchips kaufen, wobei aber das Angebot von Gemüse und Aufschnitt äußerst kläglich ausfiel.

Fayal

Eine kurze Schiffsfahrt auf die letzte Insel, die sich als die langweiligste und kulinarisch am allerwenigsten wertvolle erweisen sollte. Den Mietwagen hatte Paloma nur zur Abholung am Flughafen buchen können, wobei dieselbe Autovermietung im Hafen wiederum keine Fahrzeuge zur Verfügung hatte. Also mit dem Taxi zum Aeroporto.

Unsere Unterkunft hatte keine Air Condition. Dazu zeigte das Thermometer 32 Grad, was einen mitsamt der ungeheuren Luftfeuchtigkeit den Aufenthalt komplett vermiesen kann. So verlässt man das Haus nur mal für eine Inselrundfahrt mit wenig interessanten Ausblicken oder fährt abends zum Essen.

Das Restaurant des BLESS-Beach-Clubs servierte internationale Speisen samt gutem Service, wie man solches überall auf der Welt bekommen kann. Das im Trip Advisor als bestes Restaurant bezeichnete Atletico hielt keineswegs, was es versprach, zähes Fleisch und wieder geschundener Fisch. Auch dass wir Atletico-Madrid Fans sind, half uns da nicht weiter. Bei einem hoffnungsfrohen Ausflug nach Horta erwies sich der Markt der Inselhauptstadt als noch lächerlicher als der von Ponta Delgada.


Résümé:

Reisen ist mittlerweile zum Alptraum geworden und du kannst nichts mehr auf eigene Faust finden, weil eben jeder interessante Fleck schon in den Medien publiziert ist. Und da sind dann immer ALLE.

Wir sind ja selber auch nur Touristen, aber wir halten uns zumindest für die von den wenigen, die sich im Ausland korrekt betragen. Jeder dumme, schlecht erzogene, geschmacklos bekleidete, dicke und übertätowierte Idiot ist heute in der Lage, zu allen Plätzen dieser Welt zu kommen. Und da ist man dann unter all diesen Menschen, mit denen man sonst nicht zu tun haben würde oder wollte. Aber komisch sind wir schon. Eine „normale“ Familie mit Kindern würde solche drei Wochen trotz Hitze und Luftfeuchtigkeit sicherlich feiern, die Sonne genießen, sich auf die Küstenfelsen legen, sich Sonnenbrände holen und abends Tintenfischringe mit Pommes Frites samt einigen Bieren einnehmen.

Der Pico, umwölkt. Meinen verbrannten Bauch habe ich übrigens im Photoshop erheblich reduziert: Bauch ausschneiden, die weißen Holzlatten dahinter nach links ziehen, den Bauch wieder einfügen (control v) und per Verbiegefilter nach innen ziehen.


Das Verheerendste an dieser dreiwöchigen Reise war jedoch, dass ich auf Palomas Anraten zwecks intensiveren Relaxens meinen Computer zuhause gelassen hatte. Um die Zeit trotzdem tot zu schlagen, hatte ich mir als kleinen Ersatz schon in Sao Miguel eine Kladde mit 5mm Musterung samt Bleistift und Radiergummi gekauft und einige neue Gitarrendetails zu Papier gebracht. Alles andere konnte man halt nur mit dem Handy erledigen. Immerhin …

Endlich der Rückflug nach Madrid, nachhause! Aeroporto Sao Miguel: endlose Schlangen an den Eincheckschaltern. Ein ähnlicher Gang, wie ihn die Schweine auf dem Weg ins Schlachthaus hinter sich bringen müssen.

Oder vor dem Abflug: man steht nach dem Flug von Fayal am Gepäckband auf seine Koffer wartend. Plötzlich stoppt das Band, die Klappe geht zu und das Licht aus. Ca. 20 Passagiere in panische Angst versetzt, was denn nun werden wird. Zwei Minuten später öffnet sich die Schleuse wieder, das Band setzt sich in Gang und die restlichen Koffer kommen. Das ist doch eine Form von Sadismus.

Wir waren schon zweimal auf dem portugiesischen Festland. Jedes Mal der selbe Tenor: bloß zurück nach Spanien! Das letzte Mal fuhren wir über die imaginäre Grenze ins nächste spanische Dorf in der Extremadura. Den Kirchturm gesucht, weil sich in spanischen Dörfern dort immer das beste Restaurant befindet. Wir kamen in eine extrem andere Welt. Die Leute am Kommunizieren, Lachen, einer kam mit einem großen Korb Steinpilze hereinspaziert. Nach ca. sieben Kilometern zwischen Portugal und Spanien waren wir zurück im Paradies!

Eine Sache noch: Die Portugiesen haben einen Kaffee der Marke Sical, der wirklich besser ist als alles andere. Aber um in den Genuss guter portugiesischer Produkte wie Käse und Wein zu kommen, muss man nicht nach Portugal und schon gar nicht auf die Azoren reisen, gibt‘s alles im Internet!

Und unser Plan für August 2025: Wir mieten uns in Asturien (Spaniens Norden = kühler) ein alleinstehendes Häuschen, keine unliebsamen Nachbarn (Computer natürlich dabei), und fahren zwecks Sight Seeing und Essen in den nächsten Ort oder bis ans Meer.