1990 - 1999 Rockinger Break, göldo

Nach der Wende ...



1990 – Break

1990 brach Rockinger auseinander. Zu viele Probleme mit Züli samt Ehefrau, die auf dessen Wunsch bei uns als  Buchhalterin angestellt worden war. Und diese außerdem markenhörige Frau fühlte sich nach kurzer Zeit als „Chef-Gattin“ berufen, unsere geschätzte Ines Knauer durch Botengänge zu degradieren: „Geh zur Bank und hol die Kontoauszüge ab …“ Solcherlei „Machtmissbrauch“ geht gar nicht. Bei sowas sehe ich rot. Und ab einem bestimmten Punkt konnte ich das alles nicht mehr ertragen. Für mich war die einzig logische Konsequenz: „Wir müssen uns trennen!“ Die Gesamtsituation war einfach unhaltbar geworden, meine Sollbruchstelle war erreicht.
Aber viele Menschen wollen ja keinesfalls, dass sich in ihrem Leben etwas ändert. Genauso wenig Züli samt Gattin wie auch meine Gattin Hanni, von der ich wegen einer neuen Liebesbeziehung seit einiger Zeit getrennt lebte, und die 10% Anteile an unserer GmbH hielt. Hanni und Züli hatten alsbald gemeinschaftlich einen Anwalt mit unserer Streitsache betraut.

Als wäre das nicht alles schon ärgerlich genug, befand sich unsere Firma auch noch seit geraumer Zeit in akuter Geldnot - jede Menge Rechnungen von Lieferanten und Mahnungen der Krankenkassenbeiträge für unser Mitarbeiter; wir waren absolut außerstande, all dies zu bezahlen. Als schließlich nichts mehr zu retten war, sah ich mich als Geschäftsführer gezwungen, beim Amtsgericht Konkurs anzumelden. Von diesem schweren Gang in die Firma zurückkehrend, wurde mir ein vom Hanni-Züli-Anwalt aufgesetzter Schrieb vorgelegt, mit dem Inhalt, dass ich laut mehrheitlichem Gesellschafterbeschluss als Geschäftsführer fristlos gekündigt wurde. Die Schlösser der beiden Eingangstüren waren bereits ausgetauscht, ich hatte keinen Zugang mehr zu meiner eigenen Firma. Darauf folgte ein komplettes Jahr mit anwaltlichen Auseinandersetzungen vor Gericht und Nächten mit schlechtem Schlaf. Da war ich echt super hart drauf, totale Hasskappe! Ich glaube, ich bin ein guter Mensch, aber wenn mir jemand an den Karren fährt, kann ich echt böse werden.

Um den Konkurs noch abzuwenden, hatten sich Züli und meine Gattin von einem Bekannten, der jede Menge Geld durch Software-Entwicklungen verdient hatte, einen hinreichenden Kredit verschafft. Die haben dann versucht, die Firma gemeinsam ohne mich weiterzuführen, was aber aufgrund ihrer totalen Unfähigkeit nicht funktionierte und nicht funktionieren konnte. Der Konkurs stand alsbald wieder ins Haus. Meine Hanni, die sich zwischenzeitlich auch mit Züli nebst Gattin verkracht hatte, fürchtete nun, wegen nicht eingezahltem Stammkapital (jene, ihre 10%, die sich auf DM 5.000 beliefen) im Konkursfall in Anspruch genommen zu werden. So konnte ich sie letztlich überzeugen, mir ihren Anteil zu überschreiben. Aufgrund dieser sich jetzt geänderten Mehrheitsverhältnisse in der Rockinger GmbH (ich hatte somit die Mehrheit von 55%) konnte ich locker Züli samt Gattin aus diesem Business zum Teufel jagen.

Wow, da war ich wieder „Atze Rockinger" himself. Aber das war auch ein Punkt in meinem Leben, an dem es zu entscheiden galt, wie es nun weitergehen sollte. Nach all diesen Jahren, bei dem man ständig und überwiegend mit Privatkunden und nicht nur mit deren Nettigkeiten, sondern auch mit deren Querelen und nervigen Fachfragen konfrontiert war, hatte ich einfach kein' Bock mehr auf all dies. Und so gründete ich göldo guitar parts, Großhandel für Musikläden und Importeure von Guitar-Parts, was, wie man heute weiß, sicher die richtige Entscheidung war.


Logo Göldo Guitar Parts

Zum Glück …

Andreas Mertens (alter und sehr beliebter Kunde) hat dann den Rockinger übernommen. Merti: ein hervorragender hannöverscher Gitarrist mit genügend Geschäftssinn und weitsichtigem Engagement für die Gitarre und toleranzfähig, bei dem bestimmt alle Privatkunden gut aufgehoben sind. Unser wunderbares und einst so vielversprechendes Custom-Konzept für Bausätze, sowie Sonderanfertigungen samt Reparaturen, mochte der aber nicht weiterführen. Kurz vor dem Break hatten wir schon realisiert, dass sich das nicht wirklich rechnete. Das war natürlich alles kein Ruhmesblatt. Wahrscheinlich hätten wir für unsere Sonderanfertigungen etwa das Doppelte verlangen sollen, damit das ein funktionierendes Geschäft gewesen wäre. Aber hätten wir sie dann noch verkaufen können? Keiner weiß es.

Kurzum, sowohl ich als „göldo“ wie auch Andreas mit der neuen Rockinger-Firma hatten das Resümee gezogen: nur noch konzentrieren auf den Teile-Verkauf! No more Custom und keine Reparaturen mehr.

Wir haben noch gemeinsam einen Teil unseres Maschinenparks und einen Großteil der Showroom-Instrumente etc. verkauft, wobei ich in weiser Voraussicht das behalten habe, was man evtl. für eine neue Gitarren-Produktion brauchen würde: Eine spezielle Tischfräse für die Griffbrettwölbung, eine stationäre Oberfräse, das Bundsäge-Trumm, Bundpresse und jede Menge Fräser, sowie etliche kleinere Werkzeuge. Von den Verkäufen ist immerhin wieder allerlei Geld in die Kasse gekommen. Außerdem konnte ich das Hinterhaus an die Textilreinigung, die ihren Sitz im Parterre des Vorderhauses hatte, zu einem guten Preis verkaufen. Ein neuer Anfang …

Zu dieser Zeit habe ich allerlei Kolumnen über Gitarren und Technik im Fachblatt geschrieben, hier ein Beispiel:

1991 – Umzug

Göldo Pavillon
Natürlich war der Übergang eine harte, entbehrungsreiche Zeit - kleine Brötchen backen. Aber wenn man erst einmal Fuß gefasst hat in so einem Gewerbe, kommt man auch wieder auf die Beine.
Göldo Hinterhof
Folder Göldo

1992 – Chandler, San Francisco

Paul und Adrian Chandler
Auf der Messe in Frankfurt lernte ich Adrian und Paul Chandler kennen. Ein etwas verrücktes Duo mit ausnehmend gutem Geschmack. Die boten ein riesiges Sortiment an Custom-Pickguards in verrücktesten Zelluloid-Farben an, sowie diverse Guitar-Parts. Außerdem produzierten sie einige bestens designte Gitarren und Bässe und standen auf Lipstick-Pickups. Sofortige Sympathie, und göldo hat den Vertrieb ihrer Produkte übernommen.

1993 – San Francisco


Im Mai habe ich die beiden in San Francisco besucht. Recht ansehnliche Firma. Paul war gerade etwas niedergedrückt, weil ihm am Vortag ein vietnamesischer Angestellter nach mühsamster, wochenlanger Anlernung für die Pickguard-Fertigung fristlos gekündigtt hatte – „Today, last day!“
Mit Pauls Sunbeam-Oldtimer machten wir eine wunderbare Fahrt durch die Canyons und statteten auch einem Antique-Store einen Besuch ab. Dort entdeckte ich diese bildschöne, marmor-grüne 50s Dinette-Tischgruppe und musste sie unbedingt haben.


Die konnte man ganz einfach in ihre Einzelteile zerlegen, sodass Paul mir anbot, sie in einer seiner großen Messe-Kisten auf dem Seeweg nach Deutschland zu schicken. Jawoll, gekauft, zerlegt und aufs Schiff. Alles ist gut angekommen, und diese schönen Möbel haben immerhin bis jetzt – 2024 – in bestem Zustand überdauert und befinden sich heute in meiner Madrider Wohnung.

Chandler-Crew


Und welch Fügung: Kurz bevor die Tischgruppe ankam, rief mich der Paul an und bat mich, ihm 30 Hollowbodies und diverse Fichten- und Ahorndecken von der Erlanger Tonholzfirma zu bestellen. Die haben das alles nach Maß gefertigt und uns geschickt. In Hannover haben wir damit Chandlers Messe-Case gefüllt, und dann aufs Schiff damit. So waren alle zufrieden.

Frontpost

Zwischenzeitlich hatte ich für unser Mahnwesen die sog. "Frontpost" erfunden, wobei es zu einer bezaubernden Kommunikation mit einem Musikhaus Hofbauer kam:


1993 – Messe Francoforte

Unseren ganz ansehnlichen Stand haben wir uns mit den Clovers und den Chandlers geteilt. Das war eine gute Mischung und letztlich ein guter Erfolg für alle, inklusive guter Sektversorgung mit einem Rotari Brut Rosé.
Die Chandlers

1994 – Cornelia

Leider hatte die von mir so geschätzte Mitarbeiterin Ines Knauer keinen Bock mehr aufs Gitarrenbusiness (die seinerzeitigen Querelen mit der ihr vor die Nase gesetzten „Zülsdorf-Chef-Gattin“ hatten dabei sicher ihr Übriges getan…). Und so fing Anfang 1994 als neue Mitarbeiterin Cornelia B. bei uns an. Eine echte Power-Frau, die in kürzester Zeit alles unter Kontrolle hatte.

Und dazu frischer Wind im Knopfgeschäft!



Die Cornelia habe ich dann im Herbst zwecks besserer Fachkenntnis nach Formentera auf einen Gitarrenbaukurs geschickt, und sie kam stolz und begeistert mit ihrem selbst gebauten Bass zurück. „Leider“, bzw. zu unseren Ungunsten hatte sie sich in Thomas Stratmann verknallt, was Ende des Jahres zu ihrer Schwangerschaft führte, und Mitte des nächsten Jahres war ich sie wieder los. Ein echter Verlust. Aber ich habe es den beiden natürlich gegönnt.

1994 – WD – Larry Davis, USA

WD Music Products
Mit Chandler hatte es trotz aller Sympathie zu viele Probleme gegeben. Das typische „Custom“-Problem. Da kommt es leicht zu Fehlern und Reklamationen. Wir haben dann, um das zu kompensieren, den Vertrieb für WD-Produkte übernommen („W“ steht für „Wendy“, Larry Davis’ Frau). Die boten, wie Chandler, haufenweise Pickguards, Bodies und Hälse an, und dazu jede Menge sonstige Guitar-Parts. Gute, neue Ergänzung des göldo-Programms. Die Pickguards hatten leider, wie vorher bei Chandler, fast genauso oft irgendwelche Detail-Fehler, die neue Reklamationen von Kunden verursachten. Aber man konnte für eine Weile damit leben. Und es waren eben Geschäftsleute – keine Freaks, wie die äußerst liebenswerten Chandlers. Hier ein Foto – Wendy mit Glen Quan, dem Erfinder der Badass-Bridges. Aber meine interssante Idee: Ich glaube dass alle, die solche Pickguards in solch verrückten Farben produzieren, mindestens in de 80er Jahren jede Menge LSD geschluckt haben müssen!
Wendy mit Glen Quan, dem Erfinder der Badass-Bridges.

Geschichtlicher Rückblick: In diesen Jahren kam eine im Vergleich zu uns gänzlich unterschiedliche Firma auf den Plan, nicht nur vom Image her, sondern auch dass sie nur an Privatkunden verkaufte, während wir ja bis heute nur den Fachhandel beliefern.

Der Roadstar Versand


Meiomei, der unsägliche Roadstar-Rolf und seine aufreizenden Anzeigen mit Band-Equippment und langbeinigen, jungen Groupie-Girls. Ich komme nicht umhin, hier mal ein paar Zeilen über dessen Unternehmen samt Illustrationen zu verewigen. Denn Roadstar war der erste „Power-Versand" in den 90ern, geführt von diesem typischen 80er-Jahre VOKUHILA Mann (VOKUHILA für „vorne kurz, hinten lang").

Rolf ließ sich mit jeglichen Künstlern ablichten, schrieb dazu unfassbare Kommentare und Anmerkungen über Jack Daniels, „immer an der Bar hocken", Titten und Möpse etc. Ich schätze mal, dass seine Fan-Gemeinde aus der gesamten Metal-Scene bestand. Immerhin: in diesem Bereich eine schillernde Persönlichkeit. Allzu alt ist er nicht mehr geworden, der Metal-Himmel hab ihn selig!



1995 – wieder mit Ines

Cornelia verließ uns. Aber zum Glück konnte ich Ines überreden, wieder bei uns anzufangen. Sie willigte ein, und ich war gerettet.

Lag? Fronkroisch?


Kurz vor der Frankfurter Messe wurde mir über einen Bruno Bianchi, Deutschland-Vertreter der französischen Gitarrenfirma Lag angetragen, ob ich nicht statt seiner den Vertrieb übernehmen könnte. Ich dachte mir, das schaue ich mir mal an, wobei ich (siehe mein Einladungsschreiben an meine Händler) schon damals eine gewisse Aversion gegen diese Messe hegte.

Lag teilte sich den Stand mit dem „Metal Hammer" samt piratenschiff-artiger Bar. Da war andauernd heftigster Metal-Alarm, was bis heute nicht so recht mein Fall ist. Lag hatte zwar auch eine recht geschmackvolle, ausgehöhlte Semi-Akoustic, aber das Grós entsprach einfach nicht meinem Geschmack. Außerdem turnte da die ganze Zeit dieser grelle Manfred Eisenblättler herum und machte einen echten Affentanz. Letztlich habe ich die Distribution nicht übernommen .

Aber das gute: Neben Bruno Bianchi (rechts) lernte den einen Lag-Chef, Fred Garcia, kennen. Nach einer Stunde Gespräch war das so, als würden wir uns schon Jahre kennen. Ein super Typ und bis heute einer meiner allerbesten Freunde. Außerdem sollte er nach seinem Ausstieg aus der Lag-Firma alsbald der französische göldo- und Duesenberg-Distributor werden.

francais?